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Unsere neue UX-Checkliste für Websites: Praxisnahe Evaluierung und Optimierung

Gute Usability ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Webauftritte, aber nicht der einzige. Wir haben deshalb unsere praxisorientierte UX-Checkliste um weitere Kriterien zu Benutzerführung, Barrierefreiheit und Verhaltensökonomie erweitert. Erfahren Sie, wie Sie mit unserer Checkliste die User Experience Ihrer Website messen und faktenbasiert weiterentwickeln können.

5. Februar 2024
Dr. Christopher H. Müller, Inhaber, Expert Consultant

Inhaber, Expert Consultant

Joel Siebenmann, MSc, Consultant

Consultant

Einführung

Nach zig Jahrzehnten Softwareergonomie ist mittlerweile allen klar, dass die User über Erfolg oder Misserfolg einer Website bestimmen. Je mehr Nutzer ein gewünschtes Zielverhalten zeigen, z.B. eine Bestellung aufzugeben, desto grösser ist die Wirkung der Website. Es stellt sich also die Frage, wie ein gewünschtes Zielverhalten gefördert werden kann. Einer der bekanntesten Faktoren in diesem Zusammenhang ist die Usability. Eine einfache und unkomplizierte Bedienung bringt bekanntermassen eine erhöhte Kundenbindung, mehr Self-Service-Anteile und gesteigerte Konversionsraten. Usability ist dabei nicht der einzige Faktor, der das Nutzerverhalten steuert. Die Messung mehrerer Faktoren liefert ein exakteres Bild der tatsächlichen Wirkung einer Website. Und mit regelmässigen Messungen des Checklisten-Scores wird transparent, wie sich die Qualität weiterentwickelt. Unsere UX-Checkliste auf Basis der ISO 9241-110:2020-10 liefert dazu die benötigte Breite und Tiefe.

ISO 9241-110: Die Grundlage unserer UX-Checkliste

Die ISO-Norm 9241-110 befasst sich mit der benutzerzentrierten Gestaltung interaktiver Systeme und legt den Schwerpunkt auf Benutzerzufriedenheit und Benutzerfreundlichkeit. Die entsprechenden ISO-Anforderungen beinhalten UX-Kriterien wie «Aufgabenangemessenheit», «Erwartungskonformität» und «Erlernbarkeit» und bieten damit eine strukturierte und standardisierte Methodik zur Bewertung von Benutzungsschnittstellen. Die in der Norm enthaltenen Anforderungen sind jedoch sehr allgemein gehalten. Für den speziellen Anwendungsfall «Website» bedeutet dies, dass einige Kriterien zu unkonkret formuliert sind, während andere wenig Relevanz haben. Beispielsweise ist es weniger wichtig, dass dem Benutzer erklärt wird, wie er mit der Website interagieren kann. Dies sollte intuitiv klar sein. Für unsere UX-Checkliste haben wir daher die Anforderungen aus der ISO-Norm an den Anwendungsfall «Website» angepasst. Einige Anforderungen wurden gestrichen, andere konkretisiert und neu strukturiert. Dabei sind drei neue Rubriken entstanden: Benutzerführung, Verhaltensökonomie und Accessibility.

Benutzerführung: Ziele klar und einfach erreichen

Die Erfüllung der Businessziele einer Website, wie beispielsweise Transaktion, Information oder die Kontaktaufnahme, hängt davon ab, wie effizient und erfolgreich Nutzer dieses Zielverhalten zeigen können. Die Aufmerksamkeitsspanne der Nutzer ist im digitalen Zeitalter begrenzt. Unklare und verwirrende Texte, Interaktionen und Abläufe führen schnell zum Abbruch. Eine Website muss daher in der Lage sein, ihre Nutzer einfach und eindeutig zum gewünschten Ziel zu führen. Auch die ISO-Anforderungen beinhalten wesentliche Aspekte der Benutzerführung. Die entsprechenden Anforderungen sind jedoch teilweise unkonkret formuliert und zudem auf mehrere Rubriken verteilt. Dies erschwert sowohl die Bewertung als auch eine konkrete Aussage zur Benutzerführung. Für unsere Checkliste haben wir daher eine neue Rubrik zur Bewertung der Benutzerführung geschaffen. Sie umfasst die dafür relevanten ISO-Anforderungen und enthält darüber hinaus Konkretisierungen hinsichtlich UX-Writing, Navigation und Orientierung. Damit können folgende Fragen konkret beantwortet werden:

  • Gelangen die Nutzer einfach und mühelos zum Ziel?
  • Bietet die Website einen guten Überblick über die Inhalte?
  • Werden zentrale Inhalte beachtet und gelesen?
  • Gibt es Stolpersteine in der Interaktion? Falls ja, wo und warum?
  • Was führt zu Abbrüchen?
Verhaltensökonomie: Der Schlüssel zum gewünschten Nutzerverhalten

Einfachheit und verständliche Inhalte ebnen den Weg. Benutzerseitig braucht es aber auch die richtige Motivation, um das erwünschte Verhalten an den Tag zu legen. Erst das Zusammenspiel von guter Benutzerführung und ausreichender Motivation führt zum gewünschten Zielverhalten und damit zum Erfolg der Website. Auch die ISO-Normen greifen das Thema «Motivation» auf. Der neue Abschnitt «Benutzerbindung» enthält Leitlinien, wie die Motivation allgemein gesteigert werden kann. Es fehlen jedoch Anforderungen, die darauf abzielen, wie erfolgreich ein System eine bestimmte Handlung motiviert, z.B. einen Kauf zu tätigen. Dies mag für Anwendungen wie z.B. Microsoft Word nicht so relevant sein, ist aber für Websites absolut entscheidend. Aus diesem Grund haben wir Leitlinien aus der Verhaltensökonomie in unsere Checkliste aufgenommen.

Die Verhaltensökonomie beschäftigt sich mit psychologischen Verzerrungen (Biases) und Heuristiken, welche die Motivation und Entscheidungsfindung beeinflussen. Im Bereich des Webdesigns können diese psychologischen Biases genutzt werden, um die Motivation für eine bestimmte Handlung zu erhöhen. Unsere Checkliste bewertet, wie gut die Website verhaltensökonomische Prinzipien nutzt, um die Motivation für ein bestimmtes Zielverhalten zu fördern. Damit beantworten wir folgende Fragen:

  • Wie stark werden Nutzer motiviert mit der Website zu interagieren?
  • Wie stark werden Nutzer motiviert, ein bestimmtes Zielverhalten zu zeigen?
  • Wo liegen verpasste und genutzte Chancen verborgen?
Accessibility: Zugänglichkeit für alle Nutzergruppen

Eine gute Accessibility respektive Inklusion anzustreben, hat nicht nur ethische Gründe, sondern erweitert auch die Reichweite und die Gruppe potenzieller Kunden. Darüber hinaus führen Verbesserungen der Accessibility oft zu einer besseren Nutzererfahrung für alle. Beispielsweise kommen Videos mit Untertiteln nicht nur Nutzern mit Hörbehinderungen zugute, sondern auch Nutzern in lauten Umgebungen. Die Bedeutung der Accessibility wird auch in den ISO-Checklisten anerkannt. Allerdings enthält die Checkliste nur sehr vage und keine konkreten Anforderungen. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der Accessibility in der heutigen digitalen Welt – denken wir an den European Accessibility Act, der 2025 Geltung erlangt und ab 2030 verpflichtend sein wird – haben wir auf der Grundlage der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 eine zusätzliche, Rubrik in unsere Checkliste aufgenommen. Dadurch wird es möglich, die Zugänglichkeit einer Website anhand einer Auswahl von Kriterien der WCAG-Richtlinien zu bewerten um sicherzustellen, dass insbesondere die Anforderungen von Menschen mit Behinderungen nicht vernachlässigt werden.

Die Vorteile: Ganzheitlich und mit Fokus auf Unternehmensziele

Unsere UX-Checkliste bietet zahlreiche Vorteile für die Evaluation und das Benchmarking von Websites. Hier die wichtigsten:

Die Anpassung der ISO-Normen an den speziellen Anwendungsfall "Website" ermöglicht eine praxisnahe und präzise Bewertung von Websites.

Die Checkliste fokussiert nicht nur auf eine rein nutzerzentrierte Perspektive, sondern verknüpft UX-Prinzipien mit der Förderung bestimmter Zielverhalten. Dies ermöglicht eine gezielte Optimierung der User Experience, um Unternehmensziele zu erreichen.

Konkrete Kriterien, die sicherstellen, dass Nutzer einfach und motivierend durch die Website geführt werden.

Die Evaluation von kognitiven Verzerrungen und Heuristiken ermöglicht, die Motivation und Wirkung gezielt zu steigern.

Der zusätzliche Fokus auf Accessibility bewertet die Zugänglichkeit für Nutzer mit Behinderungen. Damit wird nicht nur ethischen Aspekten Rechnung getragen, sondern auch die potenzielle Zielgruppe der Website erweitert.

Die Checkliste berücksichtigt Usability und integriert die Hauptfaktoren, die zum Erfolg einer Website beitragen. Durch diesen ganzheitlichen Ansatz erhalten Website-Betreiber einen umfassenden Einblick in die Stärken und Schwächen ihrer Plattform.

Insgesamt bietet die Ergonomen-UX-Checkliste eine praxisnahe, umfassende und pragmatische Methode zur Bewertung von Websites. Website-Betreiber können damit gezielter Optimierungen vornehmen und die Wirkung ihrer Plattform langfristig steigern.

Setzen Sie sich mit uns in Verbindung und nutzen Sie das Potenzial unserer Checkliste, um den Wert und die Wirkung Ihrer Website kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Nehmen Sie mit uns Kontakt auf.

Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.

Dr. Christopher H. Müller, Inhaber, Expert Consultant

Inhaber, Expert Consultant

Dr. Christopher H. Müller, Gründer und Inhaber der Ergonomen Usability AG, promovierte am Institut für Hygiene und Arbeitsphysiologie der ETH Zürich. Er ist seit mehr als 22 Jahren Experte für Usability und User Experience. Sein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen ermöglicht es ihm, rasch die Bedürfnisse und Perspektiven der Kunden zu verstehen. Mit viel Kreativität und Mut unterstützt er seine Kunden in Digitalisierungsvorhaben und bei der Optimierung von Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen. Er verfolgt einen praxisorientierten Ansatz und entwickelt massgeschneiderte Lösungen, die effektiv umgesetzt werden können. Dr. Christopher H. Müller ist Kolumnist in der Netzwoche. Weitere Engagements sind unter anderem Stiftungsrat bei der Stiftung Zugang für alle, Mitglied in zwei Swico-Beiräten und Co-Präsident der Regionalkonferenz Nördlich Lägern.

Joel Siebenmann, MSc, Consultant

Consultant

Joel Siebenmann unterstützt die Ergonomen als UX & Usability Consultant mit seiner Expertise in der Gestaltung und Optimierung von benutzerzentrierten Prozessen. Mit seiner lösungsorientierten und systematischen Arbeitsweise spezialisiert er sich darauf, Business-Ziele mit den Bedürfnissen der Nutzer in Einklang zu bringen. In Kundenprojekten vertritt er die User-Centered-Design-Perspektive in allen Projektphasen - von der Erhebung der Nutzerbedürfnisse, über die Konzeption von Lösungen und deren iterativer Optimierung, bis hin zur Umsetzungsbegleitung. Dabei nutzt er sein Hintergrund in Psychologie, um durch qualitatives und quantitatives UX-Research datenbasierte Entscheidungen zu treffen. Seine besondere Leidenschaft gilt Design-Thinking Workshops und Design Sprints, in denen er seine Kreativität und sein Engagement voll einbringen kann.

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