Die Begriffe Usability und User Experience (UX) werden oft synonym verwendet. Tatsächlich handelt es sich um verwandte, aber nicht identische Konzepte. Im Folgenden erläutern wir ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede.
Kurz erklärt
Usability, auch Gebrauchstauglichkeit oder Benutzungsfreundlichkeit genannt, ist ein Resultat der Interaktion zwischen bestimmten Benutzern und einem Produkt, einer Dienstleistung oder einem System und wird über die Komponenten Effektivität, Effizienz und Zufriedenstellung definiert.
User Experience, auch Benutzererlebnis oder Kundenerlebnis, ist ein umfassenderes Konzept, das alle Wahrnehmungen und Reaktionen einer Person vor, während oder nach der Benutzung eines Produkts, einer Dienstleistung oder eines Systems beinhaltet. Usability ist somit ein wichtiger Teil der User Experience.
Usability
Unter Usability, Benutzungsfreundlichkeit oder Gebrauchstauglichkeit versteht man die Eigenschaft eines Geräts oder einer Mensch-Maschine-Schnittstelle, einfach genutzt oder bedient zu werden. In Teil 11 der Norm ISO 9241 «Ergonomie der Mensch-System-Interaktion» wird Usability definiert als das «Ausmass, in dem ein System, ein Produkt oder eine Dienstleistung durch bestimmte Benutzer in einem bestimmten Nutzungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen» (ISO 9241-11:2018).
Effektivität bezeichnet «die Genauigkeit und Vollständigkeit, mit der Benutzer bestimmte Ziele erreichen»; Effizienz «die Ressourcen im Verhältnis zu den erreichten Ergebnissen»; und Zufriedenstellung «das Ausmass der Übereinstimmung der physischen, kognitiven und emotionalen Reaktionen des Benutzers, die aus der Benutzung eines Systems, eines Produkts oder einer Dienstleistung resultieren, mit den Benutzererfordernissen und Benutzererwartungen» (ISO 9241-11:2018).
User Experience
User Experience (deutsch Benutzererlebnis) beschreibt nach ISO 9241-210:2010 die «Kombination von Wahrnehmungen und Reaktionen einer Person, die aus der tatsächlichen und/oder der erwarteten Benutzung eines Systems, eines Produkts oder einer Dienstleistung resultieren». Diese Wahrnehmungen und Reaktionen der Benutzer umfassen «sämtliche Emotionen, Vorstellungen, Vorlieben, Wahrnehmungen, Wohlbefinden oder Unbehagen, Verhaltensweisen und Leistungen, die sich vor, während und nach der Benutzung ergeben.»
Gegenüberstellung
Während Usability typischerweise Ziele von Benutzergruppen in Betracht zieht, geht es bei der User Experience um individuelle Ziele, zu denen auch persönliche Motivationen gehören, wie z. B. das Bedürfnis, neues Wissen und neue Fähigkeiten zu erwerben, seine persönliche Identität auszudrücken und positive Erinnerungen zu schaffen.
User Experience betont demnach die Bedeutung subjektiver Reaktionen und emotionaler Erfahrungen. Usability umfasst zwar die leistungsbezogenen Merkmake der Effektivität und Effizienz, zusätzlich aber auch das Merkmal der Zufriedenstellung, bei dem es um persönliche Aspekte der Interaktion geht. Ein Beispiel dafür ist das Prinzip der Benutzerbindung, welches folgendermassen definiert wird: «Das interaktive System stellt Funktionen und Informationen auf einladende und motivierende Weise dar und fördert so eine kontinuierliche Interaktion mit dem System» (ISO 9241-110:2020). Während Usability also ein wichtiger Teil der User Experience ist, enthält Usability auch Aspekte der User Experience.
Normen und Konventionen
Teil 110 der Norm ISO 9241 enthält produktbezogene Prinzipien und allgemeine Gestaltungsempfehlungen für die Interaktion zwischen Benutzern und interaktiven Systemen, die bei der Analyse, Gestaltung und Bewertung von Systemen, Produkten und Dienstleistungen angewendet werden können. Das Ziel dieser Prinzipien und Empfehlungen ist es, Benutzungsschnittstellen gebrauchstauglicher, zugänglicher und konsistenter zu machen und eine höhere Produktivität und eine positivere User Experience zu ermöglichen sowie nutzungsbedingte Schäden zu vermeiden.
Teil 112 der Norm ISO 9241 beinhaltet ergonomische Gestaltungsgrundsätze der Informationsdarstellung für interaktive Systeme und ist somit eine wichtige Ergänzung zu Teil 110.
Nebst den ISO-Normen gibt es auch genormte Konventionen, die angewendet werden können, um die Usability und User Experience zu verbessern, z. B. die Microsoft Windows User Experience Guidelines oder die iOS Human Interface Guidelines.
Ein weiteres Konzept, das oft im Zusammenhang mit Usability erwähnt wird und zu dem es eigene Normen gibt, ist Accessibility (deutsch Barrierefreiheit, manchmal auch Zugänglichkeit). Barrierefreiheit bezeichnet das «Ausmass, in dem Produkte, Systeme, Dienstleistungen, Umgebungen und Einrichtungen durch Menschen aus einer Population mit dem weitesten Umfang an Benutzererfordernissen, Merkmalen und Fertigkeiten genutzt werden können, um identifizierte Ziele in identifizierten Nutzungskontexten zu erreichen» (ISO 9241-112:2017). Mit anderen Worten, Accessibility ist Usability für ein breites Spektrum von Benutzern.
Die WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) sind ein internationaler Standard, der Anforderungen an die Barrierefreiheit von Web-Inhalten definiert. Durch die Berücksichtigung dieser Normen und Standards können Produkte und Dienstleistungen so gestaltet werden, dass sie für möglichst viele Menschen zugänglich und benutzbar sind.
Usability und User Experience bei den Ergonomen
Bei den Ergonomen legen wir grossen Wert auf die Berücksichtigung von Normen und Standards sowie die Anwendung von Best Practices. Wir setzen uns dafür ein, dass unsere Kunden Produkte und Dienstleistungen anbieten können, die nicht nur funktional und gebrauchstauglich sind, sondern auch eine positive User Experience bieten.
Quellen
Bevan, N., Carter, J., & Harker, S. (2015). ISO 9241-11 Revised: What Have We Learnt About Usability Since 1998? In M. Kurosu (Hrsg.), Human-Computer Interaction: Design and Evaluation (Bd. 9169, S. 143–151). Springer International Publishing. https://doi.org/10.1007/978-3-319-20901-2_13
DIN EN ISO 9241-11:2018-11, Ergonomie der Mensch-System-Interaktion — Teil 11: Gebrauchstauglichkeit: Begriffe und Konzepte (ISO 9241-11:2018); Deutsche Fassung EN ISO 9241-11:2018
DIN EN ISO 9241-110:2020-10, Ergonomie der Mensch-System-Interaktion — Teil 110: Interaktionsprinzipien (ISO 9241-110:2020); Deutsche Fassung EN ISO 9241-110:2020
DIN EN ISO 9241-112:2017-08, Ergonomie der Mensch-System-Interaktion — Teil 112: Grundsätze der Informationsdarstellung (ISO 9241-112:2017); Deutsche Fassung EN_ISO_9241-112:2017
DIN EN ISO 9241-210:2020-03, Ergonomie der Mensch-System-Interaktion — Teil 210: Menschzentrierte Gestaltung interaktiver Systeme (ISO 9241-210:2019); Deutsche Fassung EN ISO 9241-210:2019
Consultant
Gian-Luca Gubler ist UX & Usability Consultant bei den Ergonomen. Mit seinem Hintergrund in Kognitionswissenschaft und Human-Computer-Interaction nutzt er verschiedene Methoden, um herauszufinden, wie Benutzer mit Produkten interagieren und diese Interaktionen verbessert werden können. Er arbeitet entlang des User Centered Design-Prozesses mit Kunden aus verschiedenen Branchen, einschliesslich Analyse des Nutzungskontextes, Definition von Benutzeranforderungen, Konzeption von Lösungen, deren Umsetzung als interaktive Prototypen und der Evaluation von Benutzeroberflächen. Seine Stärken liegen im Research-Design, in statistischen Auswertungen und der Nutzung verschiedener Datenquellen. Er hört aufmerksam zu, beobachtet das Verhalten der Benutzer und findet mittels Design Thinking kreative Lösungen.
Inhaber, Expert Consultant
Dr. Christopher H. Müller, Gründer und Inhaber der Ergonomen Usability AG, promovierte am Institut für Hygiene und Arbeitsphysiologie der ETH Zürich. Er ist seit mehr als 22 Jahren Experte für Usability und User Experience. Sein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen ermöglicht es ihm, rasch die Bedürfnisse und Perspektiven der Kunden zu verstehen. Mit viel Kreativität und Mut unterstützt er seine Kunden in Digitalisierungsvorhaben und bei der Optimierung von Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen. Er verfolgt einen praxisorientierten Ansatz und entwickelt massgeschneiderte Lösungen, die effektiv umgesetzt werden können. Dr. Christopher H. Müller ist Kolumnist in der Netzwoche. Weitere Engagements sind unter anderem Stiftungsrat bei der Stiftung Zugang für alle, Mitglied in zwei Swico-Beiräten und Co-Präsident der Regionalkonferenz Nördlich Lägern.