Der Hamburger ist eigentlich erst kürzlich in der IT angekommen. Und hier steht er keineswegs für den US-amerikanischen Beitrag zur Welternährung... Die neueste Kolumne in der Netzwoche 13/2015.
Der Hamburger ist eigentlich erst kürzlich in der IT angekommen. Und hier steht er keineswegs für den US-amerikanischen Beitrag zur Welternährung, sondern für das Menü-Icon, das sich besonders bei Apps und mobiloptimierten Websites gerade durchsetzt. Er besteht aus drei waagerechten Bälkchen auf quadratischem Grund. Mit etwas gutem Willen kann er als abstrahierter Fleischkloss im Brötchen interpretiert werden. Mit viel gutem Willen und zusammengekniffenen Augen geht er als Symbol für ein Drop-down-Menü durch.
Anzutreffen war der Hamburger dem Vernehmen nach zuerst auf der Facebook-App. Und im Prinzip ist er ja eine gute Idee: Man versteckt das Menü hinter einem Icon – und schon herrscht Ordnung. So sieht dann der Zugang zum Menü von responsiven Websites immer gleich aus, egal, ob man auf dem Handy oder dem Desktop surft. Das schafft eine Konsistenz, die durchaus wertvoll und der Usability zuträglich sein kann.
Die Hotline läuft nach dem Relaunch der Banking-Website heiss. Die Bankkunden reiferen Alters kreischen, weil sie das Menü nicht mehr finden. Die netten Damen und Herren vom Callcenter stecken stoisch allerhand Beschimpfung ein, bis ihnen dann doch der Kragen platzt. Nur die Webagentur bleibt cool wie stets und versteht den Aufruhr nicht: "Keine Panik! In einem Jahr haben wir die Leute so weit erzogen, dass sie sich die Welt ohne Hamburger gar nicht mehr vorstellen können."
Und damit haben die Young Urban Creatives, oder kurz Yuccies, wohl Recht. Icons sind Symbole und oft nicht auf Anhieb zu verstehen. Ihr Sinn muss erlernt werden, fast wie Wörter einer Fremdsprache. Der Hamburger wird also eine Zeitlang brauchen, bis er sich der Menschheit im Ganzen erschliesst. Soll man ihn bis dahin mit "Menü" anschreiben, oder ist das jetzt uncool?
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Inhaber, Expert Consultant
Dr. Christopher H. Müller, Gründer und Inhaber der Ergonomen Usability AG, promovierte am Institut für Hygiene und Arbeitsphysiologie der ETH Zürich. Er ist seit mehr als 22 Jahren Experte für Usability und User Experience. Sein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen ermöglicht es ihm, rasch die Bedürfnisse und Perspektiven der Kunden zu verstehen. Mit viel Kreativität und Mut unterstützt er seine Kunden in Digitalisierungsvorhaben und bei der Optimierung von Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen. Er verfolgt einen praxisorientierten Ansatz und entwickelt massgeschneiderte Lösungen, die effektiv umgesetzt werden können. Dr. Christopher H. Müller ist Kolumnist in der Netzwoche. Weitere Engagements sind unter anderem Stiftungsrat bei der Stiftung Zugang für alle, Mitglied in zwei Swico-Beiräten und Co-Präsident der Regionalkonferenz Nördlich Lägern.