Menschliches Multitasking ist ein Mythos und somit wohl nicht so rasch totzukriegen.
Mehrere Dinge zur selben Zeit zu tun, das nennt sich Multitasking. Das Wort stammt aus der Informatik und steht für die Fähigkeit eines Betriebssystems, mehrere Aufgaben parallel verarbeiten zu können. Genau genommen handhabt es die Tasks dabei zwar immer noch abwechselnd seriell, aber halt so rasch getaktet, dass es aussieht, als liefen sie gleichzeitig ab. Dieses Konzept wird seit einigen Jahren auch auf die arbeitende Menschheit angewandt und damit zum Traum von Chefs und Personalverantwortlichen.
In freier Wildbahn ist das menschliche Multitasking besonders oft in den Stellenanzeigen der ICT-Branche anzutreffen. Man könnte grad meinen, ohne gehe dort gar nichts mehr. Egal welche Funktion es zu besetzen gibt, auf welcher Hierarchiestufe auch immer: Wer nicht multitaskingfähig ist oder sich mindestens dafür hält, scheint chancenlos am Stellenmarkt.
Das ist natürlich Unsinn, und wer des Lesens mächtig ist, könnte das eigentlich wissen. Es gibt genügend Studien, die zeigen, dass das menschliche Grosshirn eben kein Computer ist und deshalb auch nicht multitasken kann. Wer dennoch versucht, gleichzeitig an mehreren (anspruchsvollen) Aufgaben zu arbeiten, muss seine Aufmerksamkeit aufteilen. Und weil sich Aufmerksamkeit nicht einfach vermehren lässt, erhält dann die einzelne Aufgabe einfach weniger davon. Das führt zu Fehlern, Überforderung und Stress. Kommt hinzu, dass sich das Gehirn bei jedem Umschalten zwischen Aufgaben komplett neu orientieren muss. Das kostet Zeit und damit Effizienz – womit sich der erhoffte Vorteil des Multitaskings in sein Gegenteil verkehrt.
Menschliches Multitasking ist ein Mythos und somit wohl nicht so rasch totzukriegen. Einigermassen anspruchsvolle Arbeiten lassen sich nicht auf Minutenhäppchen verteilen und dabei noch anständig erledigen. Ein Chef, der Wert auf gute Arbeit legt, sorgt dafür, dass seine Leute nicht dauernd zwischen einem Dutzend Aufgaben herumhüpfen muss, sondern eine nach der anderen erledigen kann. Das klingt zwar altmodisch, aber es wirkt.
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Inhaber, Expert Consultant
Dr. Christopher H. Müller, Gründer und Inhaber der Ergonomen Usability AG, promovierte am Institut für Hygiene und Arbeitsphysiologie der ETH Zürich. Er ist seit mehr als 22 Jahren Experte für Usability und User Experience. Sein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen ermöglicht es ihm, rasch die Bedürfnisse und Perspektiven der Kunden zu verstehen. Mit viel Kreativität und Mut unterstützt er seine Kunden in Digitalisierungsvorhaben und bei der Optimierung von Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen. Er verfolgt einen praxisorientierten Ansatz und entwickelt massgeschneiderte Lösungen, die effektiv umgesetzt werden können. Dr. Christopher H. Müller ist Kolumnist in der Netzwoche. Weitere Engagements sind unter anderem Stiftungsrat bei der Stiftung Zugang für alle, Mitglied in zwei Swico-Beiräten und Co-Präsident der Regionalkonferenz Nördlich Lägern.