Müllers kleines ABC (Netzwoche Nr. 01, 2019): H wie Human Factors und Konsorten - Es geht darum, die Maschinen den Menschen anzupassen und nicht umgekehrt.
Fragt man bei der International Ergonomics Association (IEA) nach, was Human Factors bedeutet, erhält man eine monströse Definition um die Ohren gehauen: «Human Factors (bzw. Ergonomie) ist die wissenschaftliche Disziplin, welche sich mit dem Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Menschen und anderen Elementen eines Systems beschäftigt, sowie die berufliche Tätigkeit, welche die Theorie, Prinzipien, Daten und Methoden der Gestaltung anwendet, um das menschliche Wohlbefinden und die gesamte Systemleistung zu verbessern.»
Die Schlechte Nachricht also lautet: Bei der IEA hat offenbar noch niemand über die Bedeutung der Sprache für die Wechselwirkung zwischen Menschen und Organisationen nachgedacht. Die gute Nachricht: Ergonomie und Human Factors sind dasselbe.
Konkret versucht die Ergonomie ein Mensch-Maschine-System so zu gestalten, dass es effizient, komfortabel und sicher funktioniert. Zu einem solchen System gehören, grob gesagt, der Mensch seine Arbeitsumgebung und das Arbeitsinstrument. Nehmen wir ein Beispiel aus der IT: Bei einem PC-Arbeitsplatz bilden Raum, Bürostuhl und Arbeitstisch die Arbeitsumgebung. Im Prinzip kann man heute getrost auch den PC und seine Peripherie zur Umgebung zählen - das eigentliche Instrument ist ja meist die Software.
Das wiederum führt uns zu einer Spezialdisziplin namens Software-Ergonomie. Sie beschäftigt sich exklusiv mit der Bedienerfreundlichkeit respektive (nach DIN) der Gebrauchstauglichkeit von Mensch-Computer-Schnittstellen. Womit wir wieder um drei synonyme Begriffe zu Human Factors reicher wären. Und wie meist, gibt es auch hierfür einen netten Anglizismus, nämlich die Usability. Alles klar?
Egal, ob wir es Ergonomie, Human Factors, Bedienerfreundlichkeit, Gebrauchstauglichkeit oder Usability nennen - immer geht es darum, die Maschinen den Menschen anzupassen und nicht umgekehrt. Das lässt sich letzter Konsequenz wohl nicht so bald erreichen. Aber es dient einer guten Sache, die sich UX nennt.
Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.
Inhaber, Expert Consultant
Dr. Christopher H. Müller, Gründer und Inhaber der Ergonomen Usability AG, promovierte am Institut für Hygiene und Arbeitsphysiologie der ETH Zürich. Er ist seit mehr als 22 Jahren Experte für Usability und User Experience. Sein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen ermöglicht es ihm, rasch die Bedürfnisse und Perspektiven der Kunden zu verstehen. Mit viel Kreativität und Mut unterstützt er seine Kunden in Digitalisierungsvorhaben und bei der Optimierung von Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen. Er verfolgt einen praxisorientierten Ansatz und entwickelt massgeschneiderte Lösungen, die effektiv umgesetzt werden können. Dr. Christopher H. Müller ist Kolumnist in der Netzwoche. Weitere Engagements sind unter anderem Stiftungsrat bei der Stiftung Zugang für alle, Mitglied in zwei Swico-Beiräten und Co-Präsident der Regionalkonferenz Nördlich Lägern.