Hübsch sind sie nicht, die deutschen Übersetzungen «Angebotscharakter» oder «Aufforderungscharakter». Aber sie zeigen anschaulich, worum es bei Affordance geht: Der Begriff steht nämlich für die Gebrauchseigenschaft, die ein Objekt ausstrahlt und für die Handlungsaufforderung, die es vermittelt. In der analogen Welt heisst das etwa: Einen Schalter erkennen wir als ein Ding, dass gedrückt oder umgelegt werden kann – oder eben will – um etwas ein- oder auszuschalten. Ihn zu kraulen gehört eher nicht zu seiner Affordance. Es geht also um die Fähigkeit eines Objekts, sich selbst zu erklären, und das ist speziell bei der Gestaltung von virtuellen Benutzeroberflächen ja ein ewiges Thema.
Hübsch sind sie nicht, die deutschen Übersetzungen «Angebotscharakter» oder «Aufforderungscharakter». Aber sie zeigen anschaulich, worum es bei Affordance geht: Der Begriff steht nämlich für die Gebrauchseigenschaft, die ein Objekt ausstrahlt und für die Handlungsaufforderung, die es vermittelt. In der analogen Welt heisst das etwa: Einen Schalter erkennen wir als ein Ding, dass gedrückt oder umgelegt werden kann – oder eben will – um etwas ein- oder auszuschalten. Ihn zu kraulen gehört eher nicht zu seiner Affordance. Es geht also um die Fähigkeit eines Objekts, sich selbst zu erklären, und das ist speziell bei der Gestaltung von virtuellen Benutzeroberflächen ja ein ewiges Thema.
Nun ist das mit der Affordance aber etwas kompliziert. Sie ist einem Objekt meist nicht in die Wiege gelegt, sondern das Resultat eines Lernprozesses. Und es gibt keine Garantie dafür, dass die Nutzerschaft sich dem unterziehen will. Nehmen wir ein gelungenes Beispiel aus dem Webdesign: Heute erwarten fast alle von uns, dass sie via Klick aufs Logo oben links zur Startseite zurückgelangen. Das war nicht immer so. Früher gab es dafür den Home-Button, und noch in den frühen 2010er-Jahren wurde in einem UX-Blog gefragt: «Do users know, that clicking the logo on a website will take them to the homepage?» Man war sich da durchaus noch nicht einig.
In diesem Fall ist also im Lauf der Zeit ein rein grafisches Objekt erfolgreich zu einem Navigationselement mutiert. Das funktioniert aber bei weitem nicht immer, wie ein Blick in die Nutzerforen zeigt.
Auch hier ist es wie so oft im UX-Design: Wer glaubt, es sich aufgrund seiner Marktposition, seiner Genialität oder seiner Kühnheit leisten zu können, mag versuchen, Affordancen neu zu schaffen oder umzudeuten. Gelegentlich kann daraus etwas Richtungsweisendes entstehen, oft dürfte es indessen ein Flopp werden. Allen, die sichergehen wollen, sei deshalb geraten, die Dinge so einzusetzen, wie es die Massen erwarten.
Veröffentlicht in: Netzwoche Ausgabe 10, 2022
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Owner, Expert Consultant
Dr. Christopher H. Müller, founder and owner of Ergonomen Usability AG, earned his PhD from the Institute for Hygiene and Applied Physiology at ETH Zurich. With over 22 years of experience, he is an expert in usability and user experience. His strong sense of empathy allows him to quickly understand the needs and perspectives of his clients. With creativity and courage, he supports his clients in their digitalization projects and the optimization of products, services, and processes. He takes a practical approach, developing tailored solutions that can be effectively implemented. Dr. Christopher H. Müller is a columnist for Netzwoche. He also serves as a board member for the Zugang für alle Foundation, and is a member of two Swico advisory boards and co-president of the Regional Conference Nördlich Lägern.