Soweit es die IT angeht, steht Featuritis, auch Featurismus genannt, für die Tendenz, einer Software, einer Website oder einem Produkt mit jeder neuen Version mehr oder weniger naheliegende Zusatzfunktionen zu spendieren. Der Gedanke dahinter scheint überwiegend vom Marketing geprägt zu sein: Erweiterungen sollen zusätzlichen Nutzen für die Kundschaft generieren, die Zielgruppe verbreitern und folglich auch die Umsätze befeuern.
Soweit es die IT angeht, steht Featuritis, auch Featurismus genannt, für die Tendenz, einer Software, einer Website oder einem Produkt mit jeder neuen Version mehr oder weniger naheliegende Zusatzfunktionen zu spendieren. Der Gedanke dahinter scheint überwiegend vom Marketing geprägt zu sein: Erweiterungen sollen zusätzlichen Nutzen für die Kundschaft generieren, die Zielgruppe verbreitern und folglich auch die Umsätze befeuern.
Erfahrungsgemäss führt Featuritis aber oft zu Konflikten mit den Nutzern. Da gibt es etwa jene, die sich über Bloatware auf dem Handy ärgern, die zu nichts taugt, dafür aber Speicher belegt und sich nicht deinstallieren lässt. Andere wiederum fragen sich, warum um Himmels Willen man ihrer Projektverwaltung noch eine Textverarbeitung untergejubelt hat oder was der liebevoll animierte Wetterbericht oben links im Applikationsfenster soll - und so weiter.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass Zusatzfunktionen oft nicht gescheit in die bestehende Nutzerführung passen. Deshalb werden sie halt dorthin gepappt, wo die UX-Beauftragte am wenigsten laut aufschreit. Auf Dauer hält das selbst das robusteste und flexibelste Bedienkonzept nicht aus. Resultat: Die die Nutzer fragen sich, warum «ihre» mühevoll erlernte Bedienerschnittstelle von Version zu Version unlogischer wird. Sie sind zunehmen verwirrt und am Ende sauer.
Unreflektierte Featuritis wird also über kurz oder lang das Gegenteil von dem bewirken, was sie eigentlich sollte: Der Kundschaft bringt sie Zusatzaufwand statt Zusatznutzen, der Anbieterin beschert sie sinkende statt steigender Umsätze und obendrein mehr Aufwand beim Helpdesk. Was sich dagegen tun lässt? Grundsätzlich hülfe hier, sich stets das Konzept MVP (Minimum Viable Product, minimal brauchbares und existenzfähiges Produkt) vor Augen zu halten. Und in der Hitze des Gefechts brauchte es im Produktteam jemanden mit dem Auftrag, vernehmlich stopp! zu rufen, wenn der Schwanz mal wieder mit dem Hund zu wedeln beginnt.
Veröffentlicht in: Netzwoche Ausgabe 12, 2022
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Owner, Expert Consultant
Dr. Christopher H. Müller, founder and owner of Ergonomen Usability AG, earned his PhD from the Institute for Hygiene and Applied Physiology at ETH Zurich. With over 22 years of experience, he is an expert in usability and user experience. His strong sense of empathy allows him to quickly understand the needs and perspectives of his clients. With creativity and courage, he supports his clients in their digitalization projects and the optimization of products, services, and processes. He takes a practical approach, developing tailored solutions that can be effectively implemented. Dr. Christopher H. Müller is a columnist for Netzwoche. He also serves as a board member for the Zugang für alle Foundation, and is a member of two Swico advisory boards and co-president of the Regional Conference Nördlich Lägern.