Betrachten wir Gendern einfach mal als «ein sprachliches Verfahren, um Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Sprachgebrauch zu erreichen. Die Umsetzung birgt jedoch Herausforderungen für die User Experience. Während generische Maskulina für manche ausreichen, führen genderneutrale Varianten zu Komplexitäten und können politisch aufgeladen sein.
Betrachten wir Gendern einfach mal als «ein sprachliches Verfahren, um Gleichberechtigung, das heisst die gleiche und faire Behandlung von Frauen und Männern im Sprachgebrauch, zu erreichen». So sehen es mit Gabriele Diewald und Anja Steinhauer auch zwei Koryphäen auf dem Gebiet, und so nehmen wir emotionalen Dampf aus der Diskussion.
Gendern hat demnach mit Sprache und fairer Behandlung zu tun, also mit den Erwartungen der Nutzerinnen und Nutzer. Somit ist es Teil der User Experience (UX) und sollte fachgerecht gelöst werden. Dabei hilft es natürlich sehr, wenn man seine Klientel kennt. Ist ihr Geschlechtsneutralität
egal, kann getrost beim generischen Maskulinum geblieben werden. Dann darf der Button rechts oben im Shop also weiterhin «Nutzerprofil» heissen und die Nutzerinnen mitmeinen. Wird aber geschlechtsneutrale Ansprache erwartet, fangen die Kalamitäten an. Als Nullachtfünfzehn-Lösung liesse sich der Button zwar «Nutzerinnen- und Nutzerprofil» nennen. Damit würde er aber zum sprachlichen Ungetüm und deutlich breiter werden. Kürzer wären die progressiveren Varianten mit den Binnen-Irgendwas wie «NutzerInnenprofil » oder «Nutzer*innenprofil». Die sind aber weder orthografisch geregelt noch breit akzeptiert. Zudem pflegt das Auge über Grossbuchstaben oder Sonderzeichen im Wortinneren zu stolpern. Ähnlich geht es übrigens auch den Suchmaschinen: Sie wissen mit genderneutralen Keywords nicht viel anzufangen, was einem schon mal die SEO verhageln kann. Und zu alldem sollte man auch noch bedenken, dass die Art, wie man gendert oder eben nicht gendert, als politische Positionierung verstanden werden kann. Und die wird gewiss die Eine oder den Anderen düpieren.
Gendern ist also ein Minenfeld. Wer nicht zerfetzt werden will, wäge jeden Schritt sorgfältig ab! Am sichersten ist wohl, die Gefahrenzone kreativ zu umfahren. Was nun unseren Button rechts oben betrifft: Wie wäre es mit «Ihr Profil»? Das ist korrekt, direkt, kompakt und vor allem nicht angreifbar.
Veröffentlicht in Netzwoche Ausgabe 12, 2023
Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.
Owner, Expert Consultant
Dr. Christopher H. Müller, founder and owner of Ergonomen Usability AG, earned his PhD from the Institute for Hygiene and Applied Physiology at ETH Zurich. With over 22 years of experience, he is an expert in usability and user experience. His strong sense of empathy allows him to quickly understand the needs and perspectives of his clients. With creativity and courage, he supports his clients in their digitalization projects and the optimization of products, services, and processes. He takes a practical approach, developing tailored solutions that can be effectively implemented. Dr. Christopher H. Müller is a columnist for Netzwoche. He also serves as a board member for the Zugang für alle Foundation, and is a member of two Swico advisory boards and co-president of the Regional Conference Nördlich Lägern.