Müllers kleines ABC (Netzwoche Nr. 09, 2018): S wie Skeuomorphismus - Skeuomorphismus bei der Umsetzung von GUIs ist wohl gut gemeint. Genützt hat es allerdings wenig.
Es gibt Wörter, die faszinieren schon ihres sibyllinischen Klangs wegen – eines davon ist Skeuomorphismus. Dabei steht es für ein Konzept, das jeder kennt und vieles mit Nostalgie gemein hat. Das geht so: Man gestaltet neue Dinge so, dass sie aussehen wie alte und nimmt ihnen damit den Schrecken des Unbekannten. In der Ergonomie bedient man sich dieses Tricks, um den Menschen die Bedienung von Software oder Websites zu erleichtern.
Seit etwa Mitte der 1980er Jahre dürfen wir uns an digitalen GUIs erfreuen, die so tun, als seien sie analog. Liebevoll geformte Knöpfe und Regler hat uns das beschert, alle waren sie dreidimensional und viele gaben vor, aus poliertem Metall zu bestehen. Sogar Formulare erhielten eine räumliche Dimension und sahen teils aus, als seien sie Wachstafeln mit hölzernen Rähmchen drum herum. Besonders eindrücklich sind auch jene Texteditoren, die sich als spiralgebundene Notizblöcke ausgeben und beim Umblättern dezent rascheln.
Das war (und ist) wohl gut gemeint und teilweise auch liebevoll umgesetzt. Genützt hat es allerdings wenig. Wie wir heute wissen, waren die ergonomischen Probleme früherer Bedienkonzepte viel grundsätzlicherer Natur, als dass man sie mit noch so hübsch gestalteten Bedienelementen hätte lösen können. Das hat sich inzwischen herumgesprochen, und deshalb kommen moderne Betriebssysteme seit Windows 8 und IOS 7 wieder ohne pseudoräumlichen Firlefanz aus.
Sich an Bekanntem zu orientieren, um den Menschen den Umgang mit Neuem zu erleichtern, ist aus Sicht der Ergonomie keineswegs falsch. Schliesslich gehört es zu ihren wichtigen Grundsätzen, dass sich Bedienkonzepte auch an den Erwartungen der Nutzer orientieren sollen. Aber das lässt sich mit ein bisschen 3D auf dem Bildschirm alleine nicht erreichen. Gescheiter wäre, die Nutzer beim Entwickeln stärker einzubinden und zu testen, testen, testen, bevor man sein Produkt in die die freie Wildbahn entlässt.
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Owner, Expert Consultant
Dr. Christopher H. Müller, founder and owner of Ergonomen Usability AG, earned his PhD from the Institute for Hygiene and Applied Physiology at ETH Zurich. With over 22 years of experience, he is an expert in usability and user experience. His strong sense of empathy allows him to quickly understand the needs and perspectives of his clients. With creativity and courage, he supports his clients in their digitalization projects and the optimization of products, services, and processes. He takes a practical approach, developing tailored solutions that can be effectively implemented. Dr. Christopher H. Müller is a columnist for Netzwoche. He also serves as a board member for the Zugang für alle Foundation, and is a member of two Swico advisory boards and co-president of the Regional Conference Nördlich Lägern.