Müllers kleines ABC (Netzwoche Nr. 7, 2019): B wie Bilder - Ein Bild soll ja mehr sagen als tausend Worte... aber oft hapert es.
Ein Bild soll ja mehr als tausend Worte sagen. Behauptet hat das in den 1920-er Jahren wahlweise ein wenig bekannter Fred R. Barnard oder der hochverehrte Kurt Tucholsky. Im Kern ging es darum, dass komplizierte Botschaften leichter mit einem Bild als mit ausschweifenden Umschreibungen zu übermitteln sind. Das gilt besonders dann, wenn Emotionen transportiert werden sollen.
Bilder können das und noch viel mehr. Sie wecken Interesse, lenken Aufmerksamkeit, schaffen Glaubwürdigkeit, verstärken Botschaften – sofern sie gut sind und klug eingesetzt werden. Aber gerade daran hapert es oft. Das Web jedenfalls ist voll von überflüssigen und belanglosen Bildern. Die passen weder zum Kontext, noch stellen sie Relevantes dar. Dafür sind sie gross, fallen auf und wirken irgendwie modern. Das wird schon reichen, um die Surfer zum Bleiben zu animieren – so das Kalkül.
Und so kommt dann die Homepage der Toggenburger Dorfkäserei zu ihrem keimfrei geschrubbten Header-Bild. Das wirkt grad so, als wäre es just aus der Investor-Relations-Broschüre eines Schweizer Nahrungsmittelmultis gehüpft: Zwei Pärchen junger, schöner, heterosexueller Menschen räkeln sich in perfekt ondulierter Natur auf frisch gestärkten Leinentüchern und beissen nebenbei, aber betont fröhlich in bleiche Käseecken. Gewiss, das ist alles überaus nett anzusehen und professionell ausgeleuchtet. Doch wer interessiert sich schon für junge, glückliche und gutaussehende Menschen, wenn er einen reifen Alpkäse sucht? Bestenfalls wird man das Bild ignorieren, schlimmstenfalls wird man es samt seinem Absender doof finden und weiterziehen.
Bilder können ihre Stärken nur ausspielen, wenn sie zum Kontext und zum Markenversprechen einer Firma passen. In unserem Fall wären das wohl solche, die für Tradition, Selbstverständnis und vor allem die Produkte des Familienbetriebs stehen. Sie vermöchten beim Besucher das wohlige Gefühl zu verstärken, hier am richtigen Ort gelandet zu sein und – wer weiss? - den Käse(r) seines Lebens gefunden zu haben.
Owner, Expert Consultant
Dr. Christopher H. Müller, founder and owner of Ergonomen Usability AG, earned his PhD from the Institute for Hygiene and Applied Physiology at ETH Zurich. With over 22 years of experience, he is an expert in usability and user experience. His strong sense of empathy allows him to quickly understand the needs and perspectives of his clients. With creativity and courage, he supports his clients in their digitalization projects and the optimization of products, services, and processes. He takes a practical approach, developing tailored solutions that can be effectively implemented. Dr. Christopher H. Müller is a columnist for Netzwoche. He also serves as a board member for the Zugang für alle Foundation, and is a member of two Swico advisory boards and co-president of the Regional Conference Nördlich Lägern.