In der Entwicklung von grafischen Benutzeroberflächen, so genannten GUIs, spielen menschliche Interaktion und Kultur eine wichtige Rolle. Philipp Baumann erklärt anhand seiner Projekte im Bereich «Kundenservice», worauf es wirklich ankommt, wenn man eine Premium-Lösung designen will.
In den vergangenen Jahren habe ich an verschiedenen Grossprojekten im Kundenservice gearbeitet. Wie gestaltet man zum Beispiel ein Online-Kundencenter, mit dem jeden Tag Millionen von Menschen erfolgreich ihre Produkte verwalten? Für diese komplexe Herausforderung sehe ich eine einfache Lösung: es braucht Menschen, die systematisch, kreativ und gemeinsam arbeiten. Für mich als Ergonom ist diese Zusammenarbeit mit Menschen aus allerlei Fachrichtungen der schönste Aspekt meines Jobs.
Zurück zum Beispiel des Online-Kundencenters: Seine User haben im Vergleich zu anderen Touchpoints besonders anspruchsvolle Bedürfnisse:
Ein Online-Kundencenter muss also von Anfang an funktionieren und eine hervorragende UX haben, sonst nimmt die Akzeptanz unter den Usern sehr rasch ab. Aber wie gestaltet man ein Kundencenter, das diesen hohen Ansprüchen gerecht wird?
Wir arbeiten oft mit talentierten UX Designern zusammen, die bei unseren Auftraggebern angestellt sind. Mit vielen pflegen wir eine mehrjährige Zusammenarbeit, wobei unsere Aufgabe in vielen Fällen darin besteht, Konzepte kritisch zu prüfen, zu hinterfragen und nötigenfalls zu verbessern. Unfertige Konzepte reifen lassen und gute Konzepte voranbringen: Das ist der Schlüssel, damit die User die Lösungen unserer Auftraggeber als Premium-Produkte erleben – gerade auch im Kundencenter.
Damit dies gelingt, leben wir Ergonomen mit unseren Auftraggebern jenseits von Kompetenzen, Methoden und Fachwissen vor allem eine Arbeitskultur, die sich mit drei Adjektiven zusammenfassen lässt: systematisch, kreativ und gemeinsam.
In meiner langjährigen Erfahrung macht es besonders Spass, mit Firmen zu arbeiten, die ihre Produkte (und konsequenterweise auch sich selbst) systematisch verbessern. Systematisch bedeutet, dass eine Verbesserung nicht einfach zufällig oder beliebig zustande kommt, sondern bewusst gesucht und gefunden wird. Für solche Kundinnen zu arbeiten, ist besonders befriedigend, denn am Schluss haben alle ein gutes Gefühl: die User, das Unternehmen und auch man selbst als Berater.
Kreativität ist wichtig, weil die erste neue Idee für das Kundencenter selten gleichzeitig auch die beste ist. Gute Produktdesigns entstehen erfahrungsgemäss durch die Verfeinerung der ersten Idee mit weiteren grossartigen Ideen. Einzelpersonen bringen selten die breite Kreativität mit, die für die beste Lösung nötig ist. Darum sind interdisziplinäre Teams in diesem Kontext so wichtig.
Dies führt zum letzten und wichtigsten Punkt, dem gemeinsamen Arbeiten. Nur wenn das Projektteam gegenüber neuen Ideen offen ist und auch gewillt ist, jedem Teammitglied eine Stimme zu geben, kann ein iterativer kollaborativer Prozess auch zu einer guten Lösung führen. Ein guter Prozess ist nötig, aber nicht ausreichend für den Erfolg eines Projekts.
Es muss unerheblich sein, ob neue Ideen von mir als externer Berater kommen oder intern vom UX Ninja, von der Projektleiterin, der Lehrtochter, der Testperson im Labor. Jeder kann eine zündende Idee haben und jeder kann sich irren. Hohe Sozialkompetenz und eine offene Kultur sind zentrale Elemente eines erfolgreichen Projektteams. In einem solchen Umfeld verlieren die Teammitglieder ihre Scheu, neue Ideen zu präsentieren, die Ideen anderer zu hinterfragen und auch Kritik entgegenzunehmen.
Der entscheidende Faktor zum Erfolg ist also, wie Menschen zusammenarbeiten. Dies ist nicht selbstverständlich und will entsprechend gepflegt werden. Aus diesem Grund evaluieren wir mit vielen unserer Kunden regelmässig unsere Zusammenarbeit und ergänzen sie mit neuen Ideen. User-centered Design hat dann den höchsten Reifegrad, wenn sich nicht nur das Produkt systematisch verbessert, sondern auch der Designprozess selbst.
Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.
Consultant
Philipp Baumann holds a doctorate in psychology and a degree in computer science. He is the methodical conscience of the Ergonomen. A passionate gamer, Philipp takes particular pleasure in positive changes in products, customers and himself.